Der Begriff «Marke» wird oft übermässig verwendet oder völlig missverstanden. Oder beides gleichzeitig. Als Vertreter einer Markenagentur bekommen wir manchmal zu hören: «Aha, dann macht ihr also Marketing! Ich hätte da noch eine Werbekampagne, die ich möglichst rasch umsetzen muss…» Als Markenagentur bieten wir jedoch nicht primär Marketing-Dienstleistungen an. Vielmehr versuchen wir, das Fundament für spätere Marketing-Aktivitäten zu legen, indem wir Marken aufbauen. Und zwar strategisch fundiert, in den meisten Fällen in Zusammenarbeit mit Geschäftsleitung und Verwaltungsrat, weil in diesen Gremien die Unternehmensstrategie entwickelt wird, welche die Basis jeder guten Markenstrategie sein sollte. Die Antwort auf diese Erklärung lautet dann zuweilen: «Ja, genau, das brauchen wir! Wir wollen mit gutem Marketing mehr Kunden gewinnen, aber wir wissen nicht, was wir den Zielgruppen sagen sollen. Also brauchen wir Hilfe mit unserer Marke und ihrer Botschaft.»
Branding und Marketing sind breit gefasste Begriffe, die viele sich überschneidende Aspekte beinhalten. Trotz zig Informationen in Blogs, Podcasts und Büchern über Branding und Marketing scheint es, dass viele Unternehmer immer noch unsicher sind, wie sich eine Marke von Marketing unterscheidet und wie sich die beiden Disziplinen gegenseitig unterstützen müssen, damit am Ende der Umsatz des Unternehmens in die gewünschte Richtung geht.
Marke wird auch heute viel zu oft auf ein «Logo» reduziert, und ich sehe es meinem Gegenüber zuweilen richtiggehend an, dass es sich gerade ausmalt, wie ich vor einem Reissbrett sitze und mit frisch gespitztem Bleistift Schnörkel und Muster aufs Papier zeichne. Natürlich gehört eine gute Visual Identity (Logo, Schriften, Farben, Bildsprache) zu den primären Erkennungsmerkmalen einer Marke. Die Marke als Ganzes ist jedoch eine geistige Haltung. Sie ist wie das Fundament eines Hauses: Je stabiler das Fundament, desto stärker das Haus. Und umso glaubwürdiger und effektiver die Marketingaktivitäten, welche auf diesem Fundament basieren.
Auslöser für den Gang zu einer Marketingagentur ist meist der Ruf nach mehr Umsatz. Dieser wird schnell benötigt, also umgeht man das Thema Branding, weil man es (zu) oft als «Nice to have» vernachlässigt. Und dies führt dann zu Marketing ohne Marke: Man versucht, ein Unternehmen oder Produkt ohne klare Stimme, Fokus, Botschaft oder Grundlage zu vermarkten und behauptet, einfach besser zu sein als die anderen. Dabei wird eine Menge Zeit und Geld aufgewendet, um am Ende weder die gewünschten Ergebnisse zu erzielen noch zur Überzeugung zu gelangen, dass Marketing funktioniert.
Eine Marke muss über ihre unvergleichliche Botschaft in ihren Kunden den Wunsch wecken, sich mit ihr zu identifizieren, sie besitzen zu wollen. So wird die Marke für die Zielgruppe begehrenswert und unentbehrlich. Bei erfolgreichem, effektivem Branding geht es darum, spezifisch und fokussiert zu sein und so die Grundlage für eine konsistente Markenbotschaft zu schaffen, diese immer wieder aufzunehmen und wie ein Mantra zu verinnerlichen. Die Marke muss sich in sämtlichen Erscheinungsformen mit «Haut und Haar» ihrer Botschaft verschreiben, und alle Beteiligten müssen diese Botschaft leben, damit in den Köpfen der Zielgruppen die Wirkung erzielt wird, nach der gesucht wird.
Ist diese Hausarbeit des fundierten Markenaufbaus erst einmal gemacht, dann kommt der Zeitpunkt, um über Marketing zu reden. Aber nicht vorher.